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Langzeitarbeitslose bald ohne Job?

Nur wenig Langzeitarbeitslose finden aus eigener Kraft einen Arbeitsplatz oder schaffen es über kurzfristige Maßnahmen wie Bewerbungstrainings oder Praktika ins Berufsleben einzusteigen. Die meisten brauchen eine regelmäßige Beschäftigung, die dafür sorgt, dass sie den Anforderungen des Arbeitsmarktes (wieder) gewachsen sind. Zu der Tätigkeit müssen sie in der Regel angeleitet und zum Teil auch durch eine sozialpädagogische Betreuung sozial stabilisiert werden. Dadurch lernen sie (wieder) ihren Alltag zu strukturieren, steigern ihr Selbstwertgefühl und fühlen sich wertgeschätzt und gebraucht.

Für ihren späteren Einstieg in den freien Arbeitsmarkt ist es wichtig, dass die Tätigkeit sinnvoll und arbeitsmarktnah ist. Nur so können sie echte Berufserfahrung erwerben. Auch weitere Qualifizierungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Tätigkeit fördern eine spätere Integration in Arbeit.

Für die öffentliche Förderung dieser Beschäftigungen gibt es zwei Förderinstrumente, die durch den Kabinettsentwurf wie folgt geändert werden sollen:

1. Arbeitsgelegenheiten (§ 16d SGB II-neu) (ehemals sog. Ein-Euro-Jobs)

a. Zusätzlichkeit/Wettbewerbsneutralität

Als sogenannte Arbeitsgelegenheiten werden schon bisher Tätigkeiten öffentlich gefördert, die zusätzlich sind und im öffentlichen Interesse stehen. Die Regierung geplant nun, diese Einschränkung durch die Wettbewerbsneutralität der Tätigkeit noch zu verschärfen. Hierdurch soll die Verdrängung regulärer Beschäftigung vermieden werden. Die Caritas kritisiert, dass Tätigkeiten, die streng zusätzlich sind, damit arbeitsmarktfern sind und daher nicht für ungeförderte, arbeitsmarktnahe Tätigkeiten qualifizieren. Bereits bisher war es schwer, für Arbeitsgelegenheiten eine Förderung zu erhalten, die in für eine Qualifizierung relevanten Beschäftigungsfeldern angesiedelt sind. Die Gefahr der Verdrängung regulärer Beschäftigung kann nach Ansicht der Caritas besser durch lokale Absprachen der Beteiligten am Arbeitsmarkt (Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Träger etc.) vermieden werden. Die Caritas fordert daher, dass Arbeitsgelegenheiten zukünftig nicht mehr zusätzlich, im öffentlichen Interesse und wettbewerbsneutral sein müssen.

b. Maßnahmekostenpauschale

Teilnehmer an einer Arbeitsgelegenheit bekommen derzeit und in Zukunft Arbeitslosengeld II zzgl. einer Mehraufwandsentschädigung von 1 bis 2 Euro pro Stunde. Für die Anleitung, Betreuung, sozialpädagogische Begleitung und ggf. Qualifizierung der Teilnehmer erhält der Träger, der die Beschäftigung anbietet, eine Maßnahmekostenpauschale. Die Höhe der Pauschale richtete sich bislang nach dem spezifischen Betreuungsbedarf. Die Hälfte der Pauschalen liegt zwischen 200 und 400 Euro, bei sehr intensivem Betreuungsbedarf auch oberhalb dieser Bandbreite. Zukünftig wird sie gedeckelt auf insgesamt 150 Euro (30 Euro für Verwaltungsaufwand zzgl. 120 Euro für Betreuung). Zugleich soll das Förderinstrument nur noch nachrangig und damit für einen arbeitsmarktferneren Personenkreis eingesetzt werden. Die Neuregelung führt dazu, dass mit der gekürzten Pauschale sehr viele Personen mit hohem Betreuungsbedarf (z. B. Suchtkranke) nicht mehr gefördert werden können. Die Caritas fordert daher, die Maßnahmekostenpauschale weiterhin individuell nach dem Förderbedarf zu gewähren.

2. Förderung von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen (§ 16e SGB II-neu, ehemals sog. JobPerspektive)

Echte Arbeitsverhältnisse mit marktnahen Tätigkeiten können schon bisher und auch zukünftig durch einen Lohnkostenzuschuss von bis zu 75 % der Lohnkosten finanziert werden. Das anfängliche Vorhaben des Arbeitsministeriums, auch hier nur zusätzliche Tätigkeiten zu fördern, ist zwischenzeitlich fallengelassen worden. Gefördert werden zukünftig wie schon bisher Personen mit mindestens zwei schweren Vermittlungshemmnissen. Bislang enthielten diese Tätigkeiten Qualifizierungselemente, die zusätzlich bezuschusst wurden. Dieser Qualifizierungszuschuss soll nun gestrichen werden. Die Caritas fordert die Beibehaltung dieses Qualifizierungszuschusses, um die weitere Integration ins Erwerbsleben zu fördern.

In der Praxis wurden mit diesem arbeitsmarktpolitischen Instrument bislang nur relativ wenige Teilnehmer gefördert. Die Regierung plant nun, die Mittel für diese Maßnahmen auf 5 % des Eingliederungstitels zu begrenzen. Damit würde die schon jetzt niedrige Zahl der Teilnehmer zukünftig nochmals um etwa die Hälfte reduziert. Die Caritas fordert, die Förderungshöchstgrenze mindestens auf 10 % zu erhöhen, um jedenfalls rund 30.000 Langzeitarbeitslosen eine sinnvolle Beschäftigung zu bieten. Durch eine Nutzung des durch die Förderung ersparten Arbeitslosengeldes II oder durch einen separaten Haushaltstitel für diese Maßnahmen könnte ihr Einsatz zudem gefördert werden.

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Statement von Caritas-Generalsekretär Georg Cremer

Warum es sich lohnt, Langzeitarbeitslose speziell zu fördern Statement von Caritas-Generalsekretär Georg Cremer bei der Pressekonferenz in Berlin am 1. Juni 2011

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Auch Langzeitarbeitslose brauchen eine Chance

Interview des Domradios mit Generalsekretär Cremer vom 1. Juni 2011 zur geplanten Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente.